Mary McDonald - eine neue Mutterfigur der klassischen Country Music

Manfred Reinhardt

Jahrzehnte lang sah sich Kitty Wells unangefochten in der "Mutterrolle" einer kraftvollen musikalischen Entwicklung, die nach dem zweiten Weltkrieg begann und etwa 15 Jahre bis in die Anfänge der 60er Jahre hinein andauern sollte. Sie hat in der etwa 80 Jahre zurück reichenden Geschichte der Country Music wie kaum eine andere Frau deren Blütezeit mit geprägt.

Die "Golden Years of Country Music" sind zu einem feststehenden Begriff für Kenner und Liebhaber geworden, bei dessen Erwähnung die Augen von Fans in den USA und fast überall auf der Welt zu leuchten beginnen. Wer kennt sie nicht, die Namen der Großen jener Zeit, die im verwüsteten Nachkriegsdeutschland - dem US-Armee Sender AFN sei Dank - auch deutsche Zuhörer begeisterten? Kitty Wells, die in ihrer Anfangszeit mit Ehemann Johnny Wright und dessen bei einem Autounfall auf der Fahrt zu Patsy Cline's Beerdigung ums Leben gekommenen Schwager Jack Anglin (Johnny & Jack) auftrat, war eine von ihnen. Inzwischen hoch betagt, wurde sie von ihren Fans und den Medien irgendwann einmal zur "Queen of Country Music" gekürt. Für die verdiente Geehrte verbietet sich ein Vergleich mit anderen Vertreterinnen dieses Genre von selbst, denn Kitty Wells war und ist einzigartig.

Wer Mary McDonald singen hört, kann sich dennoch des Eindrucks nicht erwehren, dass mit ihr eine neue Künstlerin im Format von Kitty Wells die Bühne der Country Music betreten hat. Seit Jahren trifft man Mary auf dem Hank Williams Festival in Georgiana, dem Geburtsort des ersten Superstars der Country Music. Dem musikalischen Erbe Hank Williams, das bis heute Maßstäbe für nachfolgende Generationen von Musikern setzt, fühlt sich Mary zutiefst verbunden. Ihre melodische, kraftvolle Frauenstimme bleibt dem Dialekt ihres Heimatstaates Oklahoma treu. Bei ihrem ersten großen Auftritt im Hank Williams Memorial Park vor einigen Jahren begeisterte sie mehrere tausend Zuhörer. Seitdem gehört sie Jahr für Jahr zum Line-Up der für das Festival ausgesuchten Künstler. Marys Eindringlichkeit, mit der sie ausgewählte Hank Williams Titel singt, lässt die Zuhörer immer wieder gebannt aufhorchen

Viele der großen Songs, die Hank Williams in den sechs Jahren seines kometenhaften Aufstiegs zum ersten Superstar der Country Music schrieb, reflektieren seine ureigenen Erfahrungen, eine Erlebniswelt von Triumphen, gepaart mit schmerzlichen persönlichen Niederlagen. Sie sind, ob von Hank gewollt oder nicht, autobiografisch und bilden den Stoff, aus dem seine Liedertexte entstanden waren. Unter den herausragenden Hank Williams Interpreten finden sich Namen wie Townes van Zandt, George Jones und Johnny Cash. Sie haben in ihrer Suche nach Glück und Erfolg ähnliche Lebenskrisen durchlaufen und Rückschläge hinnehmen müssen. Der schwer drogenabhängige van Zandt hat dafür auch verhältnismäßig früh mit seinem Leben bezahlt.

Ohne auf Erfahrungen eines Höllentrips durch Beziehungskrisen, Alkoholismus, Drogenkonsum und Abhängigkeit von gewissen Medikamenten zurück blicken zu müssen, haben mit viel Einfühlungsvermögen auch einige bekannte Sängerinnen sich des Themas Hank Williams angenommen. Rattlesnake Annie und Emmylou Harris zählen beispielsweise zu ihnen, neuerdings auch Mary McDonald. In einem exklusiven Interview stellt Mary sich den Lesern vor:

"Als meine drei Kinder großgezogen waren, habe ich einen lebenslangen Traum verwirklicht, nämlich mich der traditionellen Country Music als Sängerin zu widmen. Nicht um ein Star zu werden, sondern um der Sache zu dienen. Ich wollte den überlieferten Schatz aus den "Goldenen Jahren der Country Music" wieder beleben und in das Bewusstsein nachwachsender Generationen zurückholen. Erfolge stellten sich schneller ein, als ich es mir zuvor hätte vorstellen können. Ich gewann den "Traditional Country Music Award" und wurde von TISBA - The International Singing Brakeman Association - in die Jimmie Rodgers Hall of Fame in Meridian, Mississippi, aufgenommen.

Meine ersten Studio-Aufnahmen erschienen auf dem CD-Album "Keepin It Traditional" bei Broadlands Records in Nashville. Ihnen folgte dann das Album "Mary Sings Hank". Ich muss nicht ausdrücklich betonen, dass ich ein ganz großer Hank Williams Fan bin. An Hanks Todestag sang ich an seinem Grab in Montgomery den Vince Gill Tribute Song "Go Rest High On That Mountain". Neben meinen vielen Reisen zu Auftritten in allen Teilen der USA, habe ich zwei Kochbücher über die viel gerühmte Küche der Südstaaten der USA verfasst und schon einmal damit begonnen, meine Lebenserinnerungen zu Papier zu bringen. Gern würde ich auch vor ausländischem Publikum singen und vor allem Deutschland wieder sehen, das ich von der Militärzeit meines Mannes her in guter Erinnerung behalten habe".

Soweit Mary McDonald.

Sie betreibt in Oklahoma ein Lokal, das als ein beliebter Treffpunkt für Künstler und Freunde traditioneller amerikanischer Country Music weit über die Grenzen der USA hinaus bekannt ist. Die Postanschrift lautet:

Mary's Music Barn

26761 CR 3640

Stonewall, OK 74871

USA

Noch mehr über Mary McDonald erfährt man auf ihrer Homepage